Leumond
Februar 2004

Gedankensonntag


Wolfgang Nöckler



Ich trete vor die Tür, meine Gedanken umfahren geschickt jegliche Anstrengung, keine Lust weiterzudenken, mein Hirn, ein Roboter; statt Gedanken als solche zu erkennen stemple ich sie einfach zur Migräne, was soll´s auch, Gedankensonntag, warum gibt´s so was nicht?
Ich lenke meine Schritte, ohne eine Richtung zu bestimmen, komme dabei an Menschen vorbei, blutorangenrote Gesichter, fruchtbare Farbe, doch furchtbare Ergebnisse; auch ihre Gedanken; wieso wären sie sonst noch hier?
Langsam schreite ich voran, lasse mich treiben vom Gelände, eine Kuppel hinauf und wieder hinunter, fühle mich als Schaukelpferd auf dem Boden der Tatsachen, Tatsachen die ich nicht ergründen kann, nicht will, manchmal; mein Blick schweift in die Ferne, schön, Gebäude aus einer anderen Zeit, dann kehre ich zurück, in mich selbst, hässlich, Gebäude des Moments... Ansichtssache!
Wie aus einem Kohlebergwerk werden Atemzüge aus meinem Innern zutage gefördert, mechanisch, kein Ich dahinter, mir scheint es so, also ist es so; ein Brief denke ich, ein Brief an einen Menschen den ich leiden kann, um zumindest eine heldenhafte Tat zu tun, wider das Briefkastensterben, wider den Imäilwahnsinn, doch im nächsten Moment erkenne ich - wieder - ich träume: welcher Mensch? Wahnvorstellungen von Liebe durchzucken meinen hilflosen Leib, ich, ein Geliebter, ich, eine Orchidee, blendende Schönheit, geliebt ob ihrer Grazie, ich schreie; dann verbiete ich den Gedanken das Gedeihen. Gedankensonntag; alles andere schmerzt zu sehr.

Ich bin 25, Psychologiestudent, Italiener (mit deutscher Muttersprache) und glücklich verliebt. Ich freue mich über Schnee, Musik und Schokolade... das Schreiben empfinde ich als gutes Ventil für Gefühle und Gedankenspielereien und ich könnte mir lebhaft vorstellen, eine Zukunft in einem literarischen Bereich auszufüllen.