Leumond
Februar 2004

Nie wieder Zwilling...


Susanne Anton



Anno Neunzehnfünfundachtzig es geschah,
dass ich sie das erste Mal sah.
Im Monat vier, am Morgen des ersten Tags,
das Schicksal - in unserer Hand lag´s.

Erst teilten wir den Arbeitsplatz,
sprachen einander so manch netten Satz,
denn auf Anhieb waren wir uns sympatisch,
die Zuneigung war fast schon statisch.

Doch rasch teilten wir mehr, als nur die Arbeitsstelle,
etwas anderes schlug da eine hohe Welle.
Instinktiv spürten wir, dass uns was verband,
und dies verursachte ein "Flächenbrand".

Privat trafen wir uns, zogen von Ort zu Ort,
sprachen einander so manch liebes Wort.
Unser Umgang war herzlich - fast schon liebevoll,
dass fand ich an der beginnenden Freundschaft so toll.

Dann kam jede von uns auf eine andere Stelle,
und wir entschieden uns auf die Schnelle,
beizubehalten den privaten Kontakt,
keine Trennung - das war Fakt.

Dann trat ich an eine lange Reise,
langsam schlossen sich meine Gedankenkreise.
Oh - was hab ich sie vermisst,
und die Freundschaftsfahne war gehisst.

In heimische Gefilde zurückgekehrt,
glücklich und sehr unbeschwert,
schmiedete sich ein tiefes Freundschaftsband,
was außerhalb lag von jeglichem Verstand.

Von da an fast nicht mehr zu trennen,
lernten wir uns immer besser kennen.
Sie und ich, wir verbrachten zu zweit
so viel wie irgend möglich an Zeit.

Aneinander fanden wir festen Halt,
Worte und Gefühle waren nie kalt.
Zusammen - so hieß unser Motto,
mehr wert als sechs Richtige im Lotto.

Fruchtbar war Verständnis und Vertrauen,
und beide konnten wir darauf bauen,
dass keiner den Anderen im Stich lässt
und das Freundschaft da ist, bis an des Lebens Rest.
So gingen viele, viele Jahre ins Land,
felsenfest war das, was uns verband.
Sie nicht ohne mich, ich nicht ohne sie,
Böses gab es zwischen uns nie.

Von Millionen Dingen könnt´ ich hier berichten,
könnte ganze Bücher dichten.
Wir lachten zusammen, trauerten und scherzten,
durchlebten Tage des Glücks und Tage, die schmerzten.

So vergingen vierzehn schöne Freundschaftsjahre,
in denen ich dachte: 'Das ist das Wahre...',
doch dann war plötzlich alles umgekehrt,
und das Leben hat mich einiges gelehrt.

Schlimmer Kummer hatte sie aufgezerrt,
vergebens hatte sie sich gewehrt,
zahlreiches Leid war gegenwärtig,
sie war einfach nur fix und fertig.

Ein Mann trat in ihr Leben,
durch ihr Körper zog ein Beben,
Knall auf Fall war die Liebe da,
nur mir..., mir war sie nicht mehr nah.

Er wohnte in der Ferne,
dabei wär´ sie doch so gerne
fest mit ihm zusammen gekommen,
stattdessen hat´s Schicksal seinen Lauf genommen.

Eine feste Beziehung wollte er nicht,
ich sah, wie ihr Herz auseinander bricht.
Unsere Freundschaft kam sehr schwer ins wanken,
denn für mich war kein Platz mehr in ihren Gedanken.

Die unerfüllte Liebe zog sie in ein dunkles Loch,
doch..., wo bliebe ich da noch...?
Anderes unzähliges Leid kam zusätzlich auf die zu,
so steckten wir im Freundschaftschaos im nu´.

Sie veränderte sich so sehr,
und damit tat ich mich sehr schwer.
Aus herzlicher Freundschaft - Worte voller Gefühl
wurde Desinteresse, Gleichgültigkeit - Worte, die kühl.

Ihre Aufmerksamkeit schwand
und ich´s nicht verstand,
ihrem Interesse an mir galt dasselbe,
war auch nicht mehr vom Ei das Gelbe.


Ich hab' so oft versucht, ihr zu sagen,
an dem Kummer darf sie nicht verzagen.
Doch für sie war das alles viel zu schwer,
sie konnte einfach gar nicht mehr.

Versucht zu trösten hab' ich, wo ich kann,
gesagt, er ist auf Erden nicht der einzige Mann.
Auch unter anderen Problemen sie furchtbar litt,
und ich spürte, wir sie mir entglitt.

Kein Wunder also, ich wurde sauer,
errichtet um mein Herz eine Mauer.
War Kohlekraftwerk ohne Kohle, Blutorange ohne "Blut",
hoffte dennoch, es würde alles wieder gut.

Wie ein Roboter wollte ich das Unglück umfahren,
aber es war nicht möglich durch ihr Gebaren.
Wie ein Schaukelpferd war diese Freundschaft für mich,
o ja, man erinnert sich.

Ständig in Bewegung, jedoch immer in der Spur,
deshalb vergleiche ich Pferd mit Freundschaft nur.
Wie eine Orchidee war die Freundschaft für sie,
wunderschön, duftend und welken würd´ sie nie.

Etwa vier Jahre zog sich diese schwere Zeit dahin,
konnte nicht mehr erkennen, woran ich bei ihr bin.
Ich war stets für sie da, hab ihre Seele gestreicht,
aber ihr Herz hab ich nicht mehr erreicht.

Die Freundin, die sie war, gab´s nun nicht mehr,
dabei liebte ich die "alte" Freundin doch so sehr.
Doch die "alte" Freundin, sie schwand dahin,
es wollt´ mir einfach nicht in den Sinn.

Durch Veränderung war eine "Neue" geboren,
und die mag ich nicht, hab ich geschworen.
Auf die kann ich gern verzichten, dacht´ ich dann,
weil...ich die "Alte" nicht mehr haben kann.

Schließlich kam es dann zum bitteren Streit,
Ärger und Wut machten sich breit.
Unser Motto, das hieß stets: Zusammen!
Und jetzt wir uns böse Worte in die Seele rammen.

Die Freundschaft zerbrach, war vom Winde verweht,
da kann man mal seh´n, wie schnell so was geht.
Einst tiefe Freundschaft, dann - gone with the wind,
wenn die Sorgen einfach zu leidvoll sind.


Nach all den Jahren, nach all der Zeit,
nach so viel Schönem und auch manchem Leid,
kündigte sie mir die Freundschaft per Mail,
ich war am Ende, daraus mach´ ich keinen Hehl.

Harte Worte des Vorwurfs las sie von mir,
welche ich schrieb auf elektronischem "Papier".
All das war mir viel zu viel,
da gab´s auch keinen kompromissvollen Deal.

Nie wieder kontakten, ich in die Tastatur tippte,
wortwahlmäßig richtig ausflippte,
solle sie mich und mein Herz ist gestorben,
dabei fühlte ich mich leer und verdorben.

Im Bösen sind wir nun geschieden,
ach - hätt´ ich die Worte nur gemieden.
Zwar behandelte sie mich manchmal mies,
trotzdem waren diese Worte mehr als fies.

Ich sammelte auf die Freundschaftsscherben,
denn nun begann das Briefkastensterben.
Keine Post mehr per Handy oder per PC
und mein Herz tat mir richtig weh.

Mich reuten die Worte auf dem elektronischen "Papier",
die Wahrheit ist: trotzdem fehlte sie mir!
Außerdem lag nur teilweise Wahrheit darin,
das passiert, wenn ich zu vorschnell bin.

Ich dachte oft an die "alte" Freundin, wie ich sie liebte,
auch wenn ich die "Neue" mit Worten ziepte.
Wir einst in Freundschaft zueinander fanden,
und uns plötzlich nicht mehr verstanden.

In Erinnerung daran, wie sie einst gewesen,
in memory of our friendship, zerbrochen, wie ein alter Besen,
schrieb ich dieses Gedicht hier nieder,
hab mir oft gewünscht, sie käme wieder.

Mich reut´s keine Sekunde, dass wir uns je getroffen,
dass sie auch so denkt, kann ich nur hoffen.
Obwohl wir uns einst sehr gerne hatten,
haben gesiegt unsere bösen Schatten.

Diese Trennung ist nun schon drei Monate her,
diese Zeit war für mich unglaublich schwer.
Hätte es da nicht zwei wunderbare Menschen gegeben,
so wär´ ich vielleicht heute nicht mehr am "Leben".


In Erinnerung meiner alten Freundin sage ich nun: Lebwohl!
Seltsam - heute fühle ich mich dabei nicht einmal hohl.
An die vielen Freundschaftsjahre werde ich ewig denken,
aber nun muss ich meinen Blick in die Zukunft lenken.

Heute..., heute geht´s mir wieder richtig gut,
ich spüre das Leben und hab neuen Mut.
Vorbei ist die Zeit der vielen Tränen,
dass muss ich nun auch einmal erwähnen.

So frei habe ich mich schon seit Jahren nicht mehr gefühlt,
und die Emotionen zur alten Freundin sind erkühlt.
Ich erkannte, dass die Freundschaft, die ich "zwillingshaft" empfand,
mir nur einen stetig zuziehenden Strick um den Halse band.

Nein, sage ich, dass ist nicht mehr das, was ich will,
lausche in mir, heimlich und still.
Nun weiß ich, in einer Freundschaft muss ich "fliegen"
und mir nicht Geist, Seele und Herz verbiegen.

Zwei Frauen, die mir sehr halfen, es gibt,
die Eine ist´s wert, dass man sie liebt.
Mit ihr teile ich im Leben alles,
und ich kann "fliegen" - im Falle eines Falles.

Nur..., was fange ich mir der Anderen an...?
Mir das mal jemand sagen kann...?
In schwerer Zeit hat sie mich unterstützt
und es hat mir enorm viel genützt.

Wir sprachen über Freundschaft noch und nöcher,
ohne dass sie fragte mir in den Bauch Löcher.
Irgendwann lieh sie mir dann ein Buch
Und dieses nahm von mir jeden "Fluch".

Das Buch und die Gespräche letztendlich,
machten mir so manches erkenntlich.
Langsam und sachte machte sie mir klar,
auch ohne Zwillingsfreundin ist das Leben wunderbar.

Die Unterstützung, die sie bot, versetzte mich in Erstaunen.
Nicht mein Verstand, aber meine Seele spürte ein Raunen.
Als die Seele das Raunen in mein Herz schickte,
ich diesen Menschen mal genauer anblickte.

Wer bist du? Wo kommst du her? Was willst du überhaupt?
Wieso hast du mir die Verzweifelung geraubt?
Warum hast du all das getan?
Mich befreit von all dem Freundschaftswahn!


Wir sind Kolleginnen, mehr doch nicht,
ist ganz einfach, ist ganz schlicht.
Doch plötzlich trat die Erkenntnis durch die Stirn,
und pflanzte sich ganz tief in mein Hirn.

Ich dachte, niemand berührt mehr mein freundschaftliches Herz,
ja, ja..., ist klar..., was für ein Scherz...
Ohne dass du es weißt, sitzt du mittendrin,
dass zuzugeben komm' ich nicht umhin.

Täglich sehen wir uns am Arbeitsplatz,
an dir vorbei zu schauen ist für die Katz.
Ich bin Zwilling und du hast entsprechendes Syndrom,
will ich wirklich aufhalten diesem Sympathiestrom?

Heute weiß ich, ich will es nicht,
nur...wie bringe ich ins Dunkel das Licht?
Ich wage nicht von Freundschaft zu reden, auch wenn´s mich packt,
aber sehr schön wäre auch privater Kontakt.

Was daraus würde, bliebe abzuwarten,
nur wer nichts wagt, der kann nichts starten.
Würde es Freundschaft, würde ich mit einer Ansicht richtig liegen,
und zwar mit der Ansicht: ich könnte "fliegen"!

Bauch, Herz und Kopf, alle sagen das Gleiche,
tu´ es - ihr deine Hand reiche.
Die Seele sagt, ich muss tun den ersten Schritt,
denn jeder Weg beginnt mir dem ersten Tritt.

Was also, frag ich mich, ist so schwer daran?
Bleib mal locker und schau mal dann!
Warum fällt´s so schwer, den ersten Schritt zu tun?
Welche Befürchtungen und Ängste gibt es nun?

Lange..., lange habe ich darüber nachgedacht,
und hab mich hinterher selbst ausgelacht.
Mensch..., was hab' ich mich verrannt,
aber die Wahrheit hab' ich jetzt erkannt.

Nein, Befürchtungen und Ängste sind nicht da,
und das finde ich einfach wunderbar.
Ich fühle mich absolut davon frei,
es soll so sein, so wie es sei.

Das Einzige was mir fehlt ist etwas Schneid,
etwas Mut und Verwegenheit.
Doch..., dass ist sicher auch nicht mehr weit,
alles braucht bei mir halt seine Zeit.


Das was mich derzeit noch abhält sind zwei Fragen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die ich kann wagen.
Möglichkeit eins wäre die Ausdehnung in den privaten Kontakt,
das wär´ das Leichteste, soviel ist Fakt.

Möglichkeit zwei wäre ein direktes Freundschaftsangebot,
aber hier habe ich meine liebe Not.
Denn ich weiß nicht, ob man sich dafür nicht doch zu wenig kennt,
aber Kennen entwickelt sich; wie sie das wohl fänd'?

Die nächste Frage ist, wie ich finde,
wie sag ich´s denn überhaupt meinem "Kinde"?
Zurzeit noch recht ratlos, was ich sagen soll,
find ich selber auch nicht so toll.

Eigentlich ist es gar kein wirkliches Problem,
nein, es ist tatsächlich nicht an dem.
Dieses Problem ist höchstens selbst gemalt,
und wird mit einigen Nerven bezahlt.

Tja, ich hab´ halt so meine Macken,
kann manchmal Probleme selber backen.
Ich stell mich hier einfach nur etwas dumm an,
Traute ist angesagt - fragt sich nur...wann??!

Gut, ich denke, ich muss mich nicht beeilen,
kann noch ein bisschen in Gedanken verweilen.
Halt...! Denken...- man soll´s nicht stetig tun,
drum lass ich die Dinge einfach noch etwas ruh´n.

Doch eines, das ist sonnenklar,
und hier spricht mein Herze wahr,
das Wort mit K (Kollegin) hasse ich wie die Pest,
denn es fühlt sich falsch an - soviel steht fest.

Rundherum muss ich bemerken,
und täglich werd´ ich mich daran stärken,
niemals wieder will ich die Kuppel der Freundschaft so hoch besteigen,
dazu werde ich mit Sicherheit nie wieder neigen.

Ich wurde im Leben schon oft gefragt, wo denn sei der Sinn,
dass ich in Freundschaftsangelegenheiten so vorsichtig bin.
Viele sagen, ich messe dem zu viel Bedeutung bei,
ich lass sie reden - ist mir einerlei.

Freundschaft vereinigt für mich einige Werte,
dies mich die Erfahrung lehrte.
Andere Meinungen gelten lassen heißt Toleranz,
Den Mensch zu nehmen, wie er ist, heißt Akzeptanz.


Gemeinsamkeit, Interessen, Verbindlichkeit und Sympathie,
und ändern sollte man den Anderen nie.
Auch die schwachen Seiten hinzunehmen,
anzuerkennen des Anderen Themen.

Geben und nehmen, stützen, aber nicht tragen,
das ist Freundschaft, würd´ ich heute sagen.
Verständnis und den Anderen wirklich begreifen,
dass muss alles erstmal reifen.

Jeder auf seinen eigenen Beinen steht,
jeder auch seine eigenen Wege geht,
denn Abgrenzung spielt hier auch eine Rolle,
was anderes wär' hier nicht so dolle.

Man schenkt dem Anderen ein großes Stück seiner Seele,
drum denk´ ich nicht, dass ich die Meinung verfehle,
dass man sich ansehen sollte, wen man da macht zum Freund,
und das, ehe man sein Herz entzäunt.

Besagter Ko...... sagte ich grade: "Gedicht ist fertig".
Typisch! Verflixt! Das Schicksal ist allgegenwärtig.
Es lesen zu dürfen, sie mich soeben bat,
schaue grade in den Himmel und suche Rat.

Rat...? Warum? Wofür? Grinse grade im Kreis,
denn wenn ich eines ganz genau weiß,
egal, wie die Sache ausgeht irgendwann,
dass mir nichts - absolut nichts - passieren kann.

Bild´ ich´s mir ein, oder ist da was dran,
grinst mich mein Schutzengel grade seltsam an?
Spüre weder Panik noch Furcht, bin ganz still,
denn wenn mein Engel meint..., wenn er´s so will...

"Ich landete irgendwann auf Ihrer Homepage und erfuhr so von diesem Wettbewerb. Ich war sofort ambitioniert, daran teilzunehmen und überlegte mir ein Thema. Da Freundschaft zurzeit mein persönliches Thema ist, lag es irgendwie nahe, halt darüber zu dichten. So entstand dann mein Gedicht.

Ich möchte es keiner bestimmten Person widmen, aber allen, die in Freundschaftsdingen sog. 'gebrannte Kinder' sind. Es bestätigt die Theorie: für jeden, den man verliert, kommt irgendwann jemand neues."


Susanne Anton kommt aus Frechen bei Köln und wurde am 26.05.1964 in Köln geboren. Sie ist Beamtin bei der Stadtverwaltung Köln. Hobbys: PC, lesen, schreiben (Gedichte und anderes).