Nicht mehr da

Mathies Gräske

Eine Beerdigung. Mitten im Sommer. Das ist nicht gerecht. Beerdigungen sind sowieso nie gerecht. Ich hatte sie geliebt.
Und nur durch sie einen Halt in meinem Leben gefunden.

Doch jetzt ist sie fort - für immer. Ich gebe nichts auf das Geschwätz von einem Leben nach dem Tod oder Gefasel wie "Sie wird für immer in unseren Herzen bleiben". Das ist alles Lüge, um den Schmerz besser ertragen zu können. Aber ich will ihn nicht "besser ertragen können", ich will sie zurück. Ganz einfach...

Gestern wurde sie begraben, bei 31 Grad Hitze. Und in schwarz lässt sich die Hitze kaum ertragen. Dank des Schweißes und der Tränen, die seit heute morgen regelmäßig mein Gesicht überfluten, kann ich nichts mehr sehen.
Der verlogene Pfarrer sagt noch ein paar beschwichtigende Worte und erzählt, was für ein Mensch sie angeblich war. Trösten kann mich das nicht. Um genau zu sein: Gar nichts kann mich mehr trösten. Ich will nur noch sterben. Aber ich kann sterben. Zu einem Selbstmord bin ich zu feige. Und wahrscheinlich will ich es auch gar nicht. Ich will gar nichts mehr.

So fühlte ich mich gestern. Heute ist es nicht anders. Ich will mich ständig übergeben, weil sich ein riesiger Stein auf mein Herz gelegt hat und ein dicker Knoten meinen Hals verschließt.
Ihr anderen, ihr seid glücklich, denn ihr lebt und eure Mitmenschen auch. Ihr seid glücklich, aber meistens wisst ihr das gar nicht. Selbst der Alltag mit euren Geliebten ist euch eine Last. Ihr sehnt euch nach etwas anderem. Aber ihr rechnet nicht mit dem Tod.
Zumindest ist er über mich hergefallen und hat mich meiner zweiten Hälfte beraubt. Ich stolpere, denn mit einem Bein lässt es sich nur schwer gehen. Ich falle immer und immer wieder, muss mich andauernd ausruhen, um gehen zu können.
Eines Tages werde ich vielleicht etwas längere Zeit auf meinem verbliebenen Bein humpeln können ohne zu fallen. Aber leben? Leben werde ich von nun an nur noch in meinen Träumen und Erinnerungen...