Leumond
Juli 2004

Ein Stück von Welt


Heiko Sonnleitner-Seegmüller



Drei Wochen gehörte ihr dieses Ding nun. Sie hatte es gekauft; Einmal in ihrem Leben wollte sie etwas besitzen, dass nur sie alleine besaß. Etwas Seltenes, etwas von Welt.
Sie erinnerte sich noch genau an jene Sekunde, in der sie es sah. Ihre Augen hafteten an dieser antiken Vase. Ihr Herz begann zu pochen. Nur noch das kaum sichtbare Glas des dekorierten und beklebten Schaufensters trennte sie von diesem seltenen Stück vergangener Kulturen. Selbst der Preis befriedigte ihre Vorstellungen; Sie konnte sich diese Vase leisten. Sie musste sie besitzen. Was würden ihre Freunde sagen, wenn sie dieses Stück von Welt sehen würden? Wie sehr würden sie die Bekannten dafür bewundern?
Sie ging in den Laden. Sie gab zu verstehen, dass sie diese Vase kaufen will. Der Verkäufer lief zum Schaufenster, nahm dieses Stück Geschichte in die Hand und eilte wieder hinter seine Theke.
Das Herz der Frau schlug schneller und schneller. Ihre Gefühle, ihre Gedanken überschlugen sich. Die Hand zitterte vor freudiger Erregung.
Nachdem der Händler die Vase sorgfältig eingepackt hatte, nahm sie diese, bezahlte und suchte ihren Weg in die Freiheit.
Die Frau lud ihre Freunde ein. Alle kamen sie.
Die Vase stand offensichtlich und hell beleuchtet in einer Glasvitrine. Die Frau verlor kein Wort über ihre Neuerwerbung. Sie wusste, jeder würde sie entdecken; jeder würde sie sehen und jeder würde das Stück von Welt bewundern. Eine Woche schlug ihr Herz noch immer höher und höher, dachte sie an die Lobeshymnen und die Bewunderung ihrer Freunde.
Doch nun waren drei Wochen vergangen. Mit jedem Tag verblassten die Erinnerungen an diesen Abend mehr und mehr. Nun saß die Frau auf einem der drei Sessel und betrachtete sich dieses Stück von Welt. Sie vergaß das Alter dieser Vase. Noch vor drei Wochen liebte sie dieses Stück. Doch die Schönheit dieser Vase war verschwunden. Unwiederbringlich. Die Frau betrachtete sich das antike Stück genau. Doch je genauer sie die Vase betrachtete, desto weniger Gefallen fand sie an ihr. Dann stellte sie sich die Frage: "Warum habe ich sie gekauft? Sie passt doch gar nicht zu mir."

Ich mag keine Geschichten, die sich immer wieder an die gleichen, alten Regeln halten. Schreiben ist ein Ausdruck der Persönlichkeit und Stile und stilistische Mittel sollten dem Autor eigen sein. In meinen Geschichten versuche ich den Leser in die Situation der Handlung zu versetzen. Ich selbst sehe das Geschriebene vor meinem „Inneren Auge“ und bin mitten in der Geschichte. Manchmal ertappe ich mich, wie ich mich ängstlich umsehe wenn ich schreibe, manchmal freue ich mich mit meinen Figuren. Meine Figuren sind auch nie geradelinig. Sie sind nie berechenbar und wechseln oftmals sehr schnell ihren Charakter, so wie dies auch bei einem realen Menschen der Fall ist. Die Figuren haben nur eine ganz grobe Richtung.
An ein bestimmtes Genre halte ich mich nicht und oftmals passen meine Geschichten nicht in eine bestimmte Sparte.
Worauf ich Wert lege? Meine Geschichten müssen etwas aussagen. Sie müssen eine gewisse Tiefe haben. Egal ob ich gerade Horror oder eine Liebesgeschichte schreibe. Sie müssen eine gewisse Tiefe besitzen.
Was ich hasse? Verlage die Einheitsbrei produzieren. Das kommt leider viel zu oft vor.