Leumond
September 2004

Die Antwort


Harald Stangor



Ins Gasthaus eines Dorfes kehrt
Ein Mann von Bildung und Kultur
Ein, den das ganze Land verehrt,
Und nicht einmal das eigne nur.

Er hat sich aus dem Einerlei
Einst hochgedacht aus eigner Kraft
Und wurde eher nebenbei
Professor mancher Wissenschaft.

Als er die schlichte Mahlzeit speist,
Fühlt er sich vage eingeengt -
Das halbe Dorf ist angereist
Und steht um seinen Tisch gedrängt.

Die Menschen dieser kleinen Welt,
Sie schieben ihren Lehrer vor,
Damit er ihre Frage stellt -
Der Herr Professor ist ganz Ohr.

Die Frage sei, so sagt der Mann,
Wobei die Stimme deutlich bebt,
Ob man sich Welten denken kann,
Wo auch Intelligentes lebt.

Das Weltall sei nicht eben klein,
Und so sei es nicht einzusehn,
Warum die Menschen ganz allein
In dieser großen Leere stehn.

Der Herr Professor nickt und zückt
Die Brille, reibt das gute Stück
Bedächtig mit dem Läppchen; drückt
Erst dann sie ins Gesicht zurück.

Er sieht nach dieser langen Zeit
Die Wartenden wohlwollend an;
Sie alle sind gespannt, bereit,
Und hören von dem klugen Mann,

Dass man die Frage lang schon kennt,
Nur sei sie leider falsch gestellt,
Da sie das Wort "intelligent"
Als falschen Rahmen schon enthält.

Und so sei es kein Wunder, wenn's
Am Ende keine Antwort gibt,
Denn fragt man nach Intelligenz,
Wie es der Mensch nun einmal liebt,

Sei der Vergleich wohl fehlerhaft:
"Der Mensch sucht ja an Orten
Im Weltall, was er hier nicht schafft..."

Dann schließt er mit den Worten:

"Gibt's denn ein solches Leben
Auf unsrer Erde? - Eben."

Harald Stangor geht einem höchst bürgerlichen Beruf nach und dilettiert in freien Minuten in Prosa, Lyrik und Drama, mit besonderer Vorliebe auf Kabarettbühnen.